Ecco Le Marche

Am 15. August feiern viele katholische Länder „Maria Himmelfahrt“, so auch Italien. Aber dort fällt es zudem mit „Ferragosto“, dem Sommerurlaub, zusammen, bei dem ganz Italien unterwegs zu sein scheint. Viele Fabriken schließen dann und viele Ladenbesitzer machen einige freie Tage. Wenn die Leute etwas planen, dann entweder „vor Ferragosto“ oder „nach Ferragosto“. Für die Feiertage selber nimmt man sich nichts weiter vor, als zu feiern und zu entspannen. Die Restaurants bieten spezielle, opulente Ferragosto-Menüs an und die Strände und Ausflugsorte bereiten sich auf regen Betrieb vor.

Der Begriff „Ferragosto“ leitet sich vom lateinischen „Feriae Augusti“ ab, einem Feiertag, den Augustus im Jahre 18 vor Christus einführte. Dieser Tag fiel normalerweise auch mit den Feierlichkeiten zum Ende der landwirtschaftlichen Aktivitäten zusammen. Ursprünglich war das Fest am 1. August, aber die katholische Kirche verlegte es kurzerhand auf den 15. August, also auf Maria Himmelfahrt.

Blogger-Freundin Isabelle, deren Mutter aus dem Piemont stammt, feierte Ferragosto oft in den piemontesischen Bergen in der Nähe des Marien-Wallfahrtsortes Oropa. Nach der Messe ging es zu Fuß oder mit dem Bus zu einem Picknick irgendwo in die umliegenden Bergen.

Ein sehr berühmter Marienwallfahrtsort in den Marken ist Loreto. Hierhin nehme ich immer sehr gerne unsere Besucher mit, denn alleine die Anreise dorthin ist beeindruckend: Die Basilika thront auf einem Hügel, umgeben von Olivenhainen und überblickt die ganze Gegend inklusive Küste und Meer. Tatsächlich wurde die Basilika mit dicken Mauern und Türmen schwer befestigt, denn im 15. und 16. Jahrhundert drohten immer wieder Angriffe von Piraten und von türkischen Invasoren.

Der Legende nach haben Engel in der Nacht vom 9. auf den 10. Dezember das Geburtshaus der Maria von Nazareth in die Marken verlegt, eben nach Loreto. Zunächst brachten die Engel das Haus von Palästina nach Kroatien, und später in die Lorbeerwälder, die zu der Zeit Loreto umgaben und dem Ort seinen Namen gaben. Es gibt verschiedene Versionen der Engel-Legende, so auch, dass einer der Kreuzritter, die das Gebäude per Schiff transportierten, „Angeli“ (also zu deutsch „Engel“) hieß. Ein andere, dass eine reiche Kaufmannsfamilie names „Angeli“ den Transport des heiligen Hauses in Auftrag gaben.

Im 16. Jahrhundert, unter Papst Gregor dem 13., erfuhr Loreto einen Aufschwung, weil dieser den Gläubigen, die eine Pilgerreise nach Loreto unternahmen, einen vollkommenen Ablass versprach. Also die Vergebung der Sünden, wodurch die Wartezeit im Fegefeuer verkürzt wurde und man schneller in den Himmel kam.

Mit-Bloggerin Isabelle hat ihren letzen Besuch in Loreto beschrieben:

Wenn man Loreto an einem Wochentag besucht, findet man leicht einen kostenlosen Parkplatz an der Via Fratelli Brancondi. Von dort sind es nur noch wenige Meter bis zum Stadttor Porta Romana aus dem 16. Jahrhundert. Auf der rechten Seite bietet sich eine schöne Aussicht und über dem Kopf erblickt man reich verzierte Fresken.

Hinter dem Tor liegt die Piazza mit dem Rathaus aus dem 16. Jahrhundert, einem Stadtturm aus dem 17. Jahrhundert und einer Büste von Garibaldi.

Über den Corso Traiano Boccalini, wo sich viele Geschäfte, Devotionalienläden, Restaurants und Bars befinden, kommt man schliesslich auf die Piazza della Madonna.

Der Platz mit seinen umliegenden Gebäuden ist harmonisch auf die Basilika ausgerichtet.

Um das Haus der Jungfrau Maria zu schützen, wurde bereits im 15. Jahrhundert mit dem Bau einer befestigten Basilika begonnen, die allerdings erst 2 Jahrhunderte später fertig werden sollte. Das Tüpfelchen auf dem i war schließlich der Glockenturm aus dem 18. Jahrhundert, den der berühmte Architekt Vanvitelli (derselbe, der auch die Mole Vanvitelli in Ancona erbaute) errichtete.

Vor der Basilika die Bronzestatue von Papst Sixtus V., der Loreto die Stadtrechte verlieh. Es ist ein marchigianischer Papst, der in Grottamare geboren wurde (und der allerdings ein recht übler und grausamer Geselle war, wie ich jüngst gelesen habe).

Um den Bogengang Beichtkapellen, die alle Namen von Päpsten tragen.

Viele berühmte Künstler arbeiteten an der Basilika mit, unter ihnen Baccio Pontelli (der die Wehrtürme realisierte) und Bramante (der Vatikan-Baumeister). Andrea Sansovino, Giuliano da Sangallo und Antonio da Sangallo il Giovane kümmerten sich um die Fassade und erbauten den schönen Marmorschrein, der seit dem 16. Jahrhundert das heilige Haus umgibt: ein Meisterwerk der Renaissance-Skulptur mit Ausschnitten über das Leben Marias und die Flucht des Hauses nach Loreto.

Im Inneren des Marmorschreines betritt man wiederum das Innere des Maria-Hauses. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Steine tatsächlich aus der Gegend von Nazareth stammen und mit einer vor 2000 Jahren angewandten Technik hergestellt worden waren. Geht es ausserhalb des Schreines recht lebhaft zu, so herrscht drinnen andächtige Stille und auch das Fotografieren ist verboten, um die Betenden nicht zu stören. Innen eine Statue der schwarzen Madonna. Das Original wurde 1921 durch einen Brand zerstört, aber die neue Statue aus libanesischer Zeder wurde 1922 aufgestellt, nachdem sie vorher in Rom vom Papst gesegnet worden war.

http://By Flyer20061 – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18166135

Auch Kunstliebhaber, die die Basilika nicht aus religiösen Gründen aufsuchen, kommen auf ihre Kosten: Über dem Marmorschrein erblickt man die Kuppel aus dem 15. Jahrhundert, die von Cesare Maccari im 19. Jahrhundert mit Fresken verziert wurde, nachdem die ursprünglichen Fresken mit der Zeit verblasst waren.

Die Sakristei San Marco bietet kostbare Fresken von Melozzo da Forlì und die Sakristei San Giovanni Fresken des damals noch jungen Luca Signorelli. Ferner gibt es eine beeindruckende Chorkapelle vom deutschen Künstler Ludovico Seitz aus dem 19. Jahrhundert.

Entlang der rechten Seite findet man wieder zum Ausgang der Porta Marina, wobei die Türme, Bastionen und die Befestigungsmauer zu sehen sind.

Von der Porta Marina aus genießt man eine herrliche Aussicht. Hier endet auch die heilige Treppe, die auch entlang eines polnischen Soldatenfriedhofs verläuft.

An der Außenseite der Basilika sieht man eine Flugzeugskulptur, die zu Ehren der Maria von Loreto, der Schutzpatronin der Luftfahrt, aufgestellt wurde.

Und etwas weiter die Bronzestatue von Papst Johannes Paul dem XXIII.

Um die zahlreichen Pilger mit ausreichend Wasser zu versorgen, wurde ein ausgeklügeltes Wasserleitungssystem errichtet, das ein Aquädukt und zahlreiche Brunnen umfaßte. Einige der Brunnen sind noch funktionstüchtig, so zum Beispiel die „Fonte della Croce“, die seit dem 16. Jahrhundert zur Erfrischung von Reisenden, ihren Transport-Tieren und sogar zum Waschen der Pilgerkleidung genutzt wurde.

Bei der Rückreise bleibt Loreto noch eine ganze Weile sichtbar, nicht zuletzt wegen der hohen Kupferstatue der Madonna, die seit 1891 die Kuppel krönt.

Wusstet Ihr: Jedes Jahr, in der Nacht vom 9. auf den 10. Dezember, werden an vielen Orten der Marken Freudenfeuer entfacht, um an die Reise des heiligen Geburtshauses Mariens nach Loreto zu erinnern. In einem früheren Artikel haben wir darüber geschrieben.


2 Kommentare

Veronika · 14 August 2020 um 16:37

Ein sehr schöner Artikel. Jetzt werde ich nochmals dahin fahren und das ganze mit anderen Augen sehen. So viel stand in meinem Reiseführer nicht darüber. Danke

Man kann nur sehen, was man weiss.

    elke · 17 August 2020 um 12:36

    Vielen Dank!!! Wir freuen uns immer sehr über Feedback. Wir waren alle schon häufiger in Loreto, aber die detaillierten Informationen hat Isabelle (die von uns, die den niederländischen Teil des Blogs schreibt) zusammengetragen. Sie ist ja auch geprüfte belgische Reiseführerin und kann wirklich toll über alle Orte recherchieren. Und es ist immer ein Erlebnis mit ihr zusammen etwas zu besichtigen… Wir wünschen Dir jeden Falls viel Spass beim nächsten Besuch in Loreto! Elke, Isabelle und Laura

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