Ecco Le Marche

Cristiano Dellabella sammelt seit seiner frühen Kindheit alles Mögliche, was er in Bächen oder in der Natur findet: Steine, Blätter oder auch Metallgegenstände. Und eines haben alle Gegenstände gemeinsam: sie weisen immer eine besondere Form oder Struktur auf.

Seine schier unerschöpfliche Kreativität hat er in der Vergangenheit bereits in seinen Gemälden, Gedichten und auch in Comics zum Ausdruck gebracht und damit schon einige Ausstellungen und Lesungen in der Gegend gemacht. Eines Tages entdeckte er im Internet einen Skorpion, der aus vielen Metallbolzen geformt war. Dies inspirierte ihn, in seiner Sammlung von Metallgegenständen zu stöbern; die alte Gabel war für ihn ein Schwanz, ein anderes Eisenteil ein Bein, und so schuf er langsam seine erste Chimäre, eine Art Skorpion. Und davon ermutigt, entstand nach und nach eine ganze Sammlung von Kreaturen.

Es wurde Zeit für eine ernsthafte Ausstellung: Die Kunsthistorikerin Sara Tassi baute eine wunderschöne Ausstellung im Kapitelsaal der ebenfalls sehenswerten romanischen Abtei Santa Maria in Moie auf: „die Chimären der Hügellandschaft“ (Le chimere delle colline). Das Wort Chimäre entstammt der griechischen Mythologie und bezeichnet eine Art Mischwesen, das aus verschiedenen Tierteilen besteht: bei Homer zum Beispiel ein Tier mit Löwenkopf, Ziegenkörper und Drachenschwanz. So enthalten auch Cristianos Objekte Aspekte verschiedener Tiergestalten und der Besucher kann beim Betrachten seiner eigenen Phantasie freien Lauf lassen und seine eigenen Ideen einbringen.

„Le colline“ übrigens heißt wörtlich übersetzt „die Hügelchen“, aber für die Leute hier ist es mehr als das – die hügelige Landschaft charakterisiert auch die direkte Umgebung, das zu Hause in der Natur. Als wir einmal Mit-Bloggerin Laura fragten, was ihr bei ihren Auslandsaufenthalten am meisten fehlt, dann sagte sie zuallererst natürlich etwas über das Essen. Danach kam aber: und die colline.

Isabelle und ihr Mann Erik waren vor ein paar Tagen auf der Ausstellung. Die Abtei erstrahlte in einer wunderschönen Beleuchtung, denn die Gemeinde Moie feierte das Marienfest. Am Eingang der Abtei waren sie schon von der ersten Chimäre fasziniert: Von weitem sah es aus wie ein Mexikaner, aber von nahem betrachtet konnte es auch ein Kranich sein. Dabei machte es Spaß, die Details zu erkunden, um zu erkennen, aus welchen verschiedenen Teilen die Objekte zusammengesetzt waren.

Kurz darauf trafen sie Cristiano selbst, der ideale Zeitpunkt für ein Interview! Cristiano ist bei uns in der Gegend sehr bekannt, denn er ist überall bei Festen, Vereinen und Veranstaltungen mit dabei und ganz oft ein freiwilliger Helfer. Ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen. Ich kann mich erinnern, dass er vor einigen Jahren vor Weihnachten einige kritische Interpretationen von Krippen ausstellte, die mich beeindruckten. Cristiano erzählt Isabelle, dass, wenn er einmal mit seinen Kunstwerken beschäftigt ist, dann kann er oft nicht mehr aufhören. Manchmal kommt es allerdings auch vor, dass er mitten in einem Prozess stehen bleibt und etwas nur zur Hälfte erschafft und es nie fertiggestellt wird.

Sein Material findet er überall und auch die Leute aus der Gegend bringen ihm schonmal, was sie im Schuppen oder im Keller finden. Dabei ist er aber sehr wählerisch und nimmt nur Teile mit, deren Form ihn inspiriert. Er will schließlich nicht als Mülldeponie herhalten.

Die Chimären wurden sorgfältig in den verschiedenen Räumen des Kapitelsaals ausgestellt, so dass sie gut zur Geltung kamen. Eine Art Tausendfüßler stach sofort heraus, unter anderem, weil er, anders als die meisten anderen Chimären, farbig war; die ausrangierten roten Feuerlöscher des alten Theaters in Cupramontana bildeten den Korpus.

Isabelles Lieblingsobjekt ist die kleine Chimäre IV, wahrscheinlich weil sie ein bisschen wie Wall-E aussieht, der Abfallroboter aus dem gleichnamigen Cartoon.

Daher die Frage: Ist es Recyclingkunst, abstrakte Kunst? Cristiano weigert sich, sich festlegen zu lassen. „Ich mache Kunst für alle, so dass sowohl meine Mutter, die lediglich die Grundschule abgeschlossen hat, als auch eine gelernte Kunsthistorikerin sie genießen kann. Ich finde es wichtig, etwas zu erschaffen, damit ich etwas ausstellen und auf diese Weise einen Treffpunkt schaffen kann, an dem Menschen Ideen und Gedanken miteinander austauschen – oder einfach Spaß haben können.“

Für Kurzentschlossene: Die Ausstellung ist nur noch bis morgen Abend geöffnet – siehe Plakat. Cristiano selbst ist abends nach 20 Uhr und den ganzen Sonntag da.

Wer es verpasst hat, einfach Ausschau halten nach weiteren Ausstellungsankündigungen, die es von Zeit zu Zeit in der näheren und weiteren Region gibt. Ansonsten sehe ich Cristiano aber auch hin und an in der Winzergenossenschaft Colonnara in Cupramontana oder aktiv auf vielen Veranstaltungen in Cupramontana.


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